Thomas Brüggemann über die Schokofahrt – Mobil im Wandel #2

Hallo Thomas, kannst du erst mal kurz erzählen wer du bist und was du so machst?

Ja, mein Name ist Thomas Brüggemann. Ich bin in Detmold geboren, aufgewachsen und auch hier hängengeblieben. Ich habe praktisch fast mein ganzes Leben hier in Detmold verbracht. Und ich bin zum Lastenradfahren gekommen über die Detmolder Lastenradgruppe dela, wo ich dann zunächst auf ganz anderen Wegen hingekommen bin. Zunächst hatte ich mich für solidarische Landwirtschaft interessiert. Die brauchten immer Transportmöglichkeiten und haben dann über einen Lastenradanhänger aus Freiburg berichtet, der drei Räder hat und 150 Kilo transportieren kann. Aber dieser Lastenradanhänger funktioniert nicht ohne Zugfahrrad. Daraufhin habe ich angefangen mich für Lastenräder zu interessieren. Zunächst hatte Bielefeld als erste Gemeinde hier so ein Projekt und das kam sogar in der Lokalzeit. Kurze Zeit später gabs eins in Detmold und dann bin ich am Tag der offenen Tür der Wandel-Werkstatt zu meiner ersten Lastenradfahrt gekommen – wo Birgit Reher mich dann eingewiesen hat und danach wollte ich unbedingt Lastenradfahren. Ja, so hat sich das dann entwickelt. Kurze Zeit später bin ich auf die Website der Schokofahrt gestoßen und habe dann noch ein ganzes Jahr gebraucht bis ich dann da persönlich mitmachen wollte.

Genau wir wollen ja über die Schokofahrt reden. Kannst du mal kurz zusammenfassen, worum es da geht? Also was ist die Schokofahrt?

Ja, also der Name sagt es schon. Es geht um den Transport von Schokolade und es geht auch darum diese Schokolade möglichst emissionsfrei zu transportieren. Der Startpunkt ist immer in Amsterdam und von Amsterdam aus gibt es ganz viele Gruppen im Bundesgebiet, in Österreich und der Schweiz, die die Schokolade dann von dort aus in ihre Heimatorte transportieren.

Sehr gut. Du hast es ja gerade schon kurz angerissen: Wie ist es dann dazu gekommen, dass du dich dazu entschieden hast mitzufahren bei der Schokofahrt?

Ja das hat dann eigentlich ganz harmlos angefangen. Die Schokofahrt hat eine homepage. Die habe ich mir interessiert durchgelesen und im Zuge dieses Durchlesens gab es einen Hinweis auf einen gruppeninternen Diskussionschannel dem man aber nur mit Einladung beitreten konnte. Darauf hin habe ich an einen Nikolai Wystrychowski eine E-Mail geschrieben, ob ich da nicht vielleicht auch Zugang bekommen könnte. Und damit war ich dann schon drin im Netzwerk, ohne das irgendwie gewusst zu haben. Und danach war ich dabei und die erste Teiltransportfahrt für die Schokofahrt habe ich gemacht im Frühjahr 2019 als die Gruppe Münster über Ostwestfalen nach Berlin gefahren ist und ich die ein Stück begleitet habe. Da habe ich dann einige Kilometer auch so ein paar Kilo transportiert bis nach Lemgo – von Gütersloh bis nach Lemgo.

Also du hast dann quasi von jemand anderes die Ladung übernommen und bist dann damit weitergefahren.

Ja, die sind mitgefahren und ich habe ihnen einfach einen Teil der Ladung abgenommen für diesen einen Nachmittag. Und danach habe ich dann gemerkt: Also so mit der Kondition wird das nie was, du musst unbedingt trainieren und fitter werden.

Hast du ein eigenes Lastenrad? Oder leihst du dir das aus?

Ich bin ja Lastenradpate eines der Detmolder Lastenräder und ich versuche das einmal im Monat auszuleihen damit ich es warten kann – putzen, kleinere Pflegearbeiten und Wartungsarbeiten. Persönlich habe ich nur ein ganz normales Fahrrad.

Ok, die nächste Schokofahrt steht ja nun bald an. Was sind diesmal die Besonderheiten dabei?

Die bisherigen Schokofahrten gibt es ja bisher erst seit 2017 aber von 2017 bis 2019 haben bereits sechs Schokofahrten stattgefunden. Die sind immer mehr zu einem Event geworden, wo sich ganz viele Leute getroffen haben in Amsterdam bei der Fabrik, die die Schokolade herstellt. Es ist ein ziemliches Event geworden, aber das ist in diesem Jahr alles nicht möglich. Durch die Coronakrise müssen wir das so organisieren, dass wir im Gegensatz zu sonst so gut wie gar kein Kontakt miteinander haben. Und es ist jetzt so gelöst, dass die Chocolatemakers in Amsterdam nicht einen Abholtag bestimmt haben, sondern insgesamt zehn. Und es gibt bisher 25 unterschiedliche Gruppen, die sich dann auf diese zehn Tage verteilen. Pro Tag gibt es noch ein jeweils einstündiges Zeitfenster, wo im Laufe des Tages fünf verschiedene Gruppen kommen können – also bis zu 50 Gruppen hätten Platz. Aber das bedingt eben auch, dass sich dann eben kaum Leute treffen. Also man hat maximal die Gruppe vorher und die Gruppe nach einem die man dann kennenlernt.

Und die Schokolade kommt dann kurz vorher mit einem Segelschiff von Übersee?

Die Kakaobohnen kommen einmal im Jahr aus der Dominikanischen Republik von einem Segelschiff aus der Dominikanischen Republik nach Amsterdam. Also das Schiff landet direkt vor der Fabrik an am Kai und die Schokolade wird dort in dieser Fabrik hergestellt. Also das Rohmaterial sind die Kakaobohnen und die Schokolade wird in Amsterdam gemacht. Ja, und zwei bis drei Wochen vorher ist die gesamte Fabrik damit beschäftigt die Schokofahrtbestellungen anzufertigen.

Das glaube ich. Wie kann man die Schokofahrt denn unterstützen?

Ja am einfachsten ist das eigentlich: Man kauft eine der transportierten Tafeln oder gerne auch zwei oder mehr. Und die Schokofahrt wird dadurch unterstützt, dass man die Tafeln kauft und eine Spende von 50 Cent an das Detmolder Lastenradprojekt dela spendet, damit der Betrieb von den inzwischen drei Lastenrädern die wir haben auch weitergehen kann. Und ja, das wäre eigentlich das Wesentliche was der Einzelne machen kann. Es gibt auch einige Händler in Detmold dieses Jahr, die auch hoffentlich wieder mitmachen und die findet man auf der homepage der Schokofahrt ab Mitte Oktober. Sodass man dann weiß in welchem Geschäft in Detmold man da was bekommen kann.

Das wäre dann eigentlich schon meine nächste Frage gewesen, wo man das kaufen kann. Bei der Schokofahrt ist ja ein Hauptaspekt, dass es möglichst emissionsfrei läuft. Siehst du da auch eine Möglichkeit, dass man das auch auf andere Produkte übertragen kann? Also dass man auch andere Produkte transportiert?

Ja die Schokofahrt ist ja ziemlich aufwendig. Also Hubert Weismantel und ich werden sieben Tage brauchen, um in drei Tagen jeweils hin und zurück zu kommen und mit einem Tag zum Beladen und Urlaub machen. Und es gibt ja hier in Lippe zum Beispiel auch diese Vereinigung Lippe Qualität wo viele Landwirte ihre Produkte anbieten und ab Hof verkaufen. Es wäre durchaus denkbar mit so einem Lastenrad einfach bis zum Hof zu fahren, das vollzupacken – das dela 1 zum Beispiel kann 60 Kilo am Stück transportieren – und dann für eine Gruppe von Leuten die da beim Bauern gekauft haben das einfach nach Detmold zu transportieren. Das lässt sich erweitern auf Tomaten, Kartoffeln, Marmelade, …was auch immer.

Also alles was dann eben so saisonal verfügbar ist. Gibt es sonst irgendwelche Zukunftsideen von den Chocolatemakers oder von den…das sind wahrscheinlich dann Unternehmer, die das organisieren oder? Gibt es da Zukunftsvisionen?

Die Chocolatemakers sind ein bisschen so von dem Erfolg überrascht worden. Also im Frühjahr 2017 waren da vier Leute da in der Fabrik, die etwas Schokolade kaufen wollten, das lag dann bei 60 Kilo. Und bis zum Frühjahr diesen Jahres sind das 250 Menschen geworden, 35 Städte und viereinhalb Tonnen Schokolade. Und dela ist wie alle anderen freien Lastenradinitiativen auch im Forum Freie Lastenräder organisiert. Bundesweit gibt es da 100 Initiativen, selbst wenn die Zahl vom Frühjahr mit 50 Fahrradinitiativen, die an der Schokofahrt teilnehmen erreicht würde ist da immer noch Verdopplungspotential – sodass es dann irgendwann vielleicht auch mal zehn Tonnen werden, die transportiert werden.

Und wie wäre das zum Beispiel wenn sich Leute jetzt dafür interessieren, dass sie mitfahren wollen? Gibt es da Vernetzungstreffen oder wie läuft so die Organisation ab?

Ja das befindet sich alles in der Entwicklung. Letztes Jahr war ich ganz alleine. Quasi die Ein-Mensch-Ortsgruppe, die alles gemacht hat. Händler akquirieren, Strecke organisieren, Route planen, Hilfe suchen wo ich mitfahren kann. Ich bin dann in der Gruppe Münster mitgefahren und jetzt ist Hubert Weismantel dazu gestoßen und im nächsten Jahr wenn es wieder mehr so als Gruppenevent planbar ist werden wir da eventuell dann auch so ein Vernetzungstreffen im Vorfeld machen. Vielleicht sogar auch in der Wandel-Werkstatt und dann zeitlich weit vorher, damit wir da dann auch so ein paar Vorabfahrten machen können. Die Fahrten gehören dann dazu die eigene Kondition einzuschätzen und rauszufinden, ob Lastenradfahren über eine Woche überhaupt so sinnvoll ist. Es ist aber auch so, dass man nicht unbedingt ein Lastenrad braucht. Ein einfaches Tourenrad reicht auch.

Also quasi mit Gepäcktaschen, wo man dann ein bisschen weniger Schokolade reinfüllen kann.

Ja genau. Das ist es.

Und wie organisiert ihr die Reise? Also wo schlaft ihr dann?

Ja das organisieren wir in Eigenregie. In Münster haben wir Quartier in einem Hostel. In Deventer, der zweiten Station da werden wir wahrscheinlich privat bei jemandem übernachten, der das über Airbnb anbietet und in Amsterdam hat dann der Miterfinder der Schokofahrt eine ganze Villa angemietet, wo dann jede Gruppe so einen Raum bewohnt während der 10 Tage wo die Chocolatemakers Schokolade rausgeben. Die Zimmer werden dann tageweise abwechselnd belegt.

Sehr gut. Ja, dann haben wir denke ich mal schon die Wesentlichen Punkte besprochen. Gibt es noch etwas was dir wichtig ist, was du noch loswerden willst?

Wer sich für Schokolade interessiert, die einen hohen Schokoladengehalt hat mit 40 oder 75% sollte das Ende der Schokofahrt im Auge behalten und überlegen, ob er sich eine Tafel kauft in Detmold.

Ok! Und die mitmachenden Läden findet man dann auf der Website von der Schokofahrt, richtig?

Ja, es gibt da ein Projekt für Endkunden und eins für Händler und in der Endkundenabteilung kann man die Postleitzahl eingeben oder aber den Wohnort als Name und dann wird das ausgespuckt was an Händlern in dem Ort verfügbar ist.

Das heißt wenn sich ein Laden interessieren würde, die könnten das dann auch über die Website in Erfahrung bringen, oder?

Der könnte sich dann dort anschauen welchen Konkurrenten dort schon mitmachen, aber ich spreche die Händler alle einzeln an und das werde ich jetzt auch wieder tun.

Ok sehr gut. Danke!


Interview: Christian Bange

Quelle des Fotos: dela

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